Vorwort
In den Richtlinien zur Feier der heiligen Messe (Freiburg 1965) lesen wir über das Amt des Organisten: "Der Organist hat die Aufgabe, die Gesänge des Volkes, des Kirchenchores und der Schola einzuleiten und zu begleiten. Wo es gemäss der Struktur der Messfeier angebracht ist, kann die Orgel ein Eigenspiel entfalten .... " (Nr. 112).
Die Orgel erfüllt heute mehr denn je eine wahrhaft liturgische Funktion, indem ihr Spiel den Gehalt des verkündeten und gesungenen Wortes vertiefen soll. Gutes Orgelspiel hebt die Feierlichkeit des Gesanges von Chor und Volk, vermag in solistischem Vortrag die Meditation über das verkündete Wort anzuregen. Das bedingt aber eine sorgfältige Auswahl der gespielten Literatur. Die Orgelstücke dürfen nicht beliebig und zufällig gewählt sein, sondern müssen der Thematik des Gottesdienstes und der Gesänge angepasst sein. Das gottesdienstliche Orgelspiel verlangt also eine reiche Auswahl an choral- und liedgebundener Orgelliteratur.
Nachdem wir im Katholischen Kirchengesangbuch der Schweiz (KGB) ein für alle deutschsprachigen Diözesen einheitliches Gesangbuch für die Gemeinde erhalten haben, möchten wir im vorliegenden Sammelwerk den Organisten eine angemessene Auswahl liedgebundener Orgelstücke in der Art von kürzeren Choralvorspielen präsentieren. Unsere Sammlung soll in 2 Bänden das gesamte Liedgut des KGB berücksichtigen, ausgenommen eine Anzahl Lieder, die voraussichtlich sehr selten gesungen werden, deren endgültige Melodiefassung noch offensteht oder deren künstlerischen Wert wir in Frage stellen möchten. Auch dort, wo zu einem Lied (bes. Messlieder)
von der liturgischen Funktion her kein Choralvorspiel denkbar ist, haben wir darauf verzichtet. Zusätzlich wird die Sammlung eine Anzahl von Versetten in den Kirchentonarten enthalten, passend zu den Gregorianischen Stücken und zu den Leitversen der Psalmen. Ein Anhang stellt noch Stücke vor, die wir ihres Schwierigkeitsgrades oder ihres für viele neuartigen Stiles wegen nicht im allgemeinen Teil einordnen wollten.
Die vorliegende Sammlung von Choralvorspielen aus alter und neuer Zeit soll grundsätzlich eine Dokumentation sein und verzichtet auf jede Bearbeitung, Neufassung oder Aussetzung mit Vortragszeichen und dergl. Die Stücke alter Meister wurden vom Herausgeber ausgewählt und für die vorliegende Sammlung zusammengestellt. Wo es sich in Anpassung an die Tonart im KGB als notwendig erwies, wurden die Stücke transponiert. Neukompositionen wurden aus verlagstechnischen Gründen grundsätzlich neu in Auftrag gegeben, wobei sich eine namhafte Anzahl Komponisten Verdankens wert bereit erklärte, an der Schaffung neuer Choralvorspiele mitzuarbeiten.
Mit Ausnahme der gewünschten Grössenordnung wurde den Komponisten volle Freiheit in der Konzeption ihrer Stücke gelassen. Die Komponisten zeichnen daher auch verantwortlich für Form, Gestalt, Stil und Qualität ihrer Beiträge. Das vorliegende Werk verdankt seine Entstehung einer Anregung aus dem Organistenverein des Kantons Schwyz, die wir in Hinsicht auf die Wünschbarkeit und das allseits vorhandene Bedürfnis nach einer solchen Sammlung zu den Liedern des KGB aufgegriffen haben.
Mit der vorliegenden Sammlung von Choralvorspielen zu den Liedern des KGB hoffen wir, unsern Organisten eine nützliche Hilfe zur Gestaltung des Gottesdienstes mit passender Orgelliteratur in die Hand geben zu können. Wir möchten wünschen, dass dieses Werk wesentlich zur Aufwertung des liturgischen Orgelspiels beitrage und der Bereicherung und Förderung des Gemeindegesanges diene, indem die Möglichkeiten der Orgel zu Vor-, Zwischen- und Nachspielen, zur Alternation des Gesanges, aber auch zum solistischen Spiel mit liedgebundener Literatur vermehrt und kunstgerecht genützt werden.
Stephan Simeon